Chiron – Einführung Teil 2

Dieser Artikel erschien zum ersten Mal auf meinem WordPress-Blog „federleicht“ im April 2018

Lesezeit ca.: 7 min

Die Einführung über Chiron, die ich neulich veröffentlicht habe, möchte ich heute vertiefen. Besonders interessant erscheint mir die Abgrenzung zu Saturn. Denn von den Themen her liegen beide manchmal recht nahe beieinander. Und gerade mit der Gegenüberstellung ist es leichter, sie zu erkennen. Da Chiron am 17.04.18 in den Widder wechselt und er sich jetzt auf dem letzten Grad Fische befindet, stehen seine Themen zur Zeit ganz vorne.

Chiron wandelt zwischen Saturn und Uranus in einer starken Ellipse

Diese stark elliptische Bahn können Sie auf dieser Grafik gut sehen. Er ist mal näher an Saturn – und damit an der Sonne dran – und mal näher an Uranus, sprich weiter weg von der Sonne. Er vermittelt quasi zwischen den beiden, macht eine Verbindung zwischen den Themen dieser beiden Planeten möglich.

Manche Astronomen vermuten, dass er irgendwann von unserem Planetensystem „eingefangen wurde“ – auch hier zeigt sich der Außenseiter bereits.

Seine Umlaufbahn beträgt 50 Jahre und 5 Monate – das heißt der Chiron-Return findet ungefähr mit 51 Jahren statt. Den Saturn-Return erleben wir mit 29-30 Lebensjahren. Allein das erste Quadrat (der erste herausfordernde Aspekt) von Chiron zu seiner ursprünglichen Position im Geburtshoroskop findet mit sehr unterschiedlichen Lebensaltern statt, zum Teil erst mit Anfang 20, auf Grund dieser elliptischen Umlaufbahn. Dann werden wir das erste Mal bewusst mit seinen Themen konfrontiert. Das erste Saturn-Quadrat erleben wir mit 7 Jahren.

Er wurde entdeckt auf Fotografien, aber der eigentliche Moment der  Entdeckung war 1977. Es fällt damit in eine Zeit, in der wir anfingen, uns vermehrt mit Therapien, Selbsterfahrung und Spiritualität zu beschäftigen. Wir fingen an, uns auch auf gesellschaftlicher Ebene mit unseren Wunden auseinanderzusetzen.

An Themen, die mit Saturn zusammenhängen, können wir arbeiten. Chiron’s Themen müssen wir akzeptieren und damit leben.

Saturns Themen zeigen sich an dem Gefühl, etwas nicht oder nicht gut genug zu können (ja, da spielt auch Perfektionismus mit rein). Wir müssen etwas wissen oder können, von dem wir meinen, das müsste besonders gut sein. Wir haben Angst zu versagen, den Ansprüchen von außen nicht gerecht zu werden. Wir haben hohe Maßstäbe, die wir an uns anlegen. 

Anders herum könnte ich auch sagen, wir haben uns den Saturn als Aufgabe ins Horoskop gesetzt, in unser Leben, um an dieser Stelle Fertigkeiten zu erlernen, und zwar auf eine Art und Weise, dass wir sie wirklich beherrschen und auf unsere ganz eigene Art und Weise tun. Das ist das Feld, wo wir beschränkt und behindert werden, um uns zu entwickeln, so wie der Diamant durch starken Druck aus Kohlenstaub entsteht.

Wenn wir uns unzureichend fühlen, meinen, wir könnten das nicht gut genug, seien deshalb außen vor, dann gibt es bei Saturn-Themen drei Reaktionen.

Entweder packt uns der Ehrgeiz, wir hängen uns richtig rein, arbeiten sehr konzentriert und diszipliniert an dieser Sache. Es ist unsere Herausforderung, die wir bewältigen wollen. Unsere Prüfung, unsere Doktorarbeit.

Frau, die am Computer Programmieren lernt
Saturn: die Doktorarbeit und das Lernen

Wir wollen den Berg erklimmen. Wir sind  dazu bereit, uns zusammen zu reißen, Verantwortung zu übernehmen, den Gürtel enger zu schnallen und zu verzichten, auf Vergnügen, auf Geld oder Entspannung.

Dabei können die Themen auch im Bereich Beziehung liegen und von uns fordern, Abgrenzung zu erlernen, unsere Ziele zu definieren oder einen Freundeskreis zu suchen, der uns Anerkennung schenkt.

Die andere Reaktion ist „das ist doch nicht so wichtig, das braucht doch kein Mensch“.

Das heißt, wir werten ab, machen es klein,  so dass wir uns nicht mehr ganz so doof fühlen. Wir versuchen, cool drüber zu stehen.  Und sind eigentlich Kinder, die rebellieren. Oder „Kind-Rollenspieler“, wie die Transaktionsanalyse es benennt.

Kind hilft in der Küche - Saturn
Kind hilft in der Küche – Saturn

Dann gibt es noch den Weg, „so zu tun als ob“, dafür gibt es auch den Begriff „Eltern-Rollenspieler“. Wir versuchen, es nachzumachen, aber stehen selbst noch nicht dahinter, wir wissen irgendwie nur, dass man das machen muss, um durchzukommen und Anerkennung zu bekommen.

Der Saturn-Return gleich das oft aus – wir arbeiten dann an den Dingen, die wir vorher cool abgetan haben. Oder wir lassen los und locker, wo wir uns vorher sehr rein gehängt haben. Und wir erkennen, was unser Weg und unsere Herangehensweise ist, anstatt es unseren Eltern nachzumachen.

Wenn Sie jetzt ein Gefühl dafür haben, was mit Saturn gemeint ist, können wir zu Chiron wechseln.

Chiron’s Themen zeichnen sich durch das Gefühl des Außenseiters aus

Sie fühlen sich – anders als bei Saturn – gezeichnet, als ob Sie ein Zeichen auf der Stirn haben, was sagt: du gehörst nicht dazu.

Mann mit Brille und Booger auf der Stirn geschrieben - Popel
So kann sich Chiron anfühlen

Das kann sich im Bereich Sprache und Verständigung ausdrücken, dem Gefühl, nicht verstanden zu werden, nicht klar genug zu sein. Das Gefühl, ihr Körper sei nicht richtig, oder ihr Auftreten, Sie sind zu forsch oder zu schüchtern. Sei es, dass Sie meinen, anders sprechen zu müssen, sich anders ausdrücken zu müssen, gewählter oder einfacher, egal wie, sie können es nicht. Wenn Sie versuchen, wie mit einem Saturn-Thema, daran zu arbeiten, geht es nach hinten los. Was Sie auch tun, es ist das Verkehrte.

Spricht Sie jemand auf dieses Thema an, dann fühlen Sie sich bloßgestellt bis hin zu empfindlich getroffen.

Sie versuchen in der Regel (hier gibt es natürlich auch noch andere Reaktionen) den Menschen wieder abzulenken, es abzutun, geh aus meinem Kleingarten. Oder Sie reagieren bei diesem Thema mit großer Wut. Einer Wut, die das alles gesellschaftlich einordnet, es als politisches Thema ansieht, und gleichzeitig sich getroffen und verletzt fühlt.

Chiron’s Themen sind mit Wut verbunden

Wie ein verletztes Tier, was sich zurückzieht und was Sie auch nicht anfassen können. Sie beißen, denn es ist nur der Schmerz und die Wut da. Kein Verständnis, keine klaren Gedanken möglich, einfach nur Wut und Schmerz. Die uns dazu bringen, uns zurückzuziehen, in die Höhle. Zu versuchen, damit ins Reine zu kommen, die Gefühle zu sortieren. Und je länger Sie sich damit beschäftigen, desto größer wird der Schmerz, desto heftiger die Wut. Therapie hilft nur begrenzt, denn es ist nicht zu verstehen, nicht zu verändern, diese Reaktion, dieser Schmerz.

Denn wir sind getroffen, wie Chiron an dem Teil seines Körpers, der sein Pferdeleib war, denn er war ein Kentaur. Der animalische Teil wird getroffen, der instinktiv reagiert, wütend, während unser Geist versucht, rational und bewusst zu reagieren. Die animalische Seite zu akzeptieren, damit zu leben, darum geht es bei Chiron. Auch wenn das Thema bei Ihnen im Geburtshoroskop sich im Bereich Karriere oder Beziehung abspielt.

Verwundertes Tier als Chiron-Sinnbild, der erstmal nur wütend reagiert
Verwundetes Tier – Chiron-Sinnbild

Diese Wunde, diese Verletzung ist – wie auch im Mythos – eine zufällige. Zufällig wurden Sie getroffen, zufällig verletzt. So wie jeder andere Mensch auch. Verletzung gehört zum Mensch sein dazu, die Außenseiterin in Gruppen, die Wut ebenso. Jede und jeder erlebt es an anderer Stelle, vielleicht sogar an einer ähnlichen. Aber jede Person erlebt es.

Chiron wird auch der verletzte Heiler genannt

Bevor aber die Wunde sich in die Verletzung des Heilers, der Heilerin verwandelt, muss sie akzeptiert werden, die Unheilbarkeit, die Sterblichkeit. Die Wut angenommen und erlebt und losgelassen werden. Bevor eine Person, die süchtig ist – was auch mit Neptun zu tun hat -, anderen Süchtigen helfen kann, muss sie clean werden, muss sie sich auf den Weg machen.

Frau mit vielen Entwürfen trinkt neben der Schreibmaschine
Chiron in Verbindung mit Neptun und Saturn – Versagen

Die gegenseitige Hilfe ist sehr schön bei den 12-Schritte-Gruppen der anonymen Alkoholiker zu beobachten, ebenso wie das Programm, was darauf aufbaut, nicht nur zuzugeben, dass die Person süchtig ist, sondern auch zu sagen: ich schaffe es nicht allein, und das Problem an eine höhere Macht zu übergeben.

Diese Aufgabe, diese Demut, einer Wunde, einer Verletzung gegenüber, das ist das, was nötig ist, um mit den Chiron-Themen umzugehen.

Und letztlich anderen damit helfen zu können, nicht weil Sie ihnen helfen wollen, sondern weil Sie gut für sich sorgen und allein durch Ihre Art des Umgangs mit den Themen helfen sie.

Aber selbst der gebildete Chiron, der spirituelle Lehrer, der Heiler, zog sich mit seiner Wunde und seiner Verletzung jahrelang in eine Höhle zurück, und versuchte alles, um sie zu heilen. Das aufzugeben, dass es nichts zu tun gibt, nichts zu heilen, sondern dass Heilung daraus besteht, MIT der Wunde zu leben, brauchte Zeit. Dauerte, war nicht einfach von heute auf morgen zu haben. Es war mit dem Kopf nicht zu erreichen.

Chiron - Kopf durch die Wand hilft nicht
Chiron – Kopf durch die Wand hilft nicht

Insofern ist es kein Wunder, wenn wir mit unserer Wunde lange brauchen, sie zupflastern in der Hoffnung, niemand kommt auf die Idee, dieses Pflaster abzureißen oder auch nur danach zu fragen.

Und irgendwann kommt doch eine Situation, die uns auf diese Wunde aufmerksam macht, das Pflaster abreißt oder sie aufreißt. Dann müssen wir uns damit auseinandersetzen.

Oder Sie sind Anfang 50 und kommen in den Chiron-Return – dann gilt es, das Leben mit der Wunde, mit all dem, was vielleicht gut oder auch nicht so gut funktioniert hat, Revue passieren zu lassen und Frieden damit zu schließen.

Wenn Sie noch weiter lesen möchten über Chiron und wie eine Begegnung unter seinem Einfluss aussehen kann, empfehle ich diesen Artikel hier: „Astrologie und Reisen – Chiron wartet“ auf meiner Homepage.

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